Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IFKW)
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Einer der letzten Generalisten: Zum Tod von Heinz Pürer

Heinz Pürer, Mitbegründer der Journalist:innen-Ausbildung in Österreich und langjähriger Professor für Kommunikationswissenschaft am IfKW der LMU München, ist am 25. Mai 2024 im Alter von 76 Jahren in Salzburg verstorben. Ein Nachruf von Nina Springer*

03.06.2024

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Heinz Pürer war ein Brückenbauer und Diplomat. Er verstand es wie kein zweiter, Wissenschaft und Berufspraxis in Forschung und Lehre zu verbinden. Pürer goutierte theoretischen wie methodischen Pluralismus, trat Andersdenkenden stets wertschätzend und höflich gegenüber und schätzte kollegiale Harmonie und Zusammenarbeit. Unübertroffen sind seine Belesenheit und der beeindruckende Überblick über das Fach. Sein empirisch-sozialwissenschaftliches Selbstverständnis, sein akademischer Liberalismus und seine pädagogisch-didaktische Leidenschaft wurden bereits früh in Salzburg geprägt und kamen Generationen von Studierenden diesseits und jenseits der Alpen zugute. Auf dem Petersfriedhof in Salzburg wird Heinz Pürer nun seine letzte Ruhe finden.

Berufliche Stationen

Kurz nach dem Krieg, am 13. August 1947, wurde Heinz Pürer in Krumbach (Niederösterreich) als Sohn des Ziegelfabrikants Ernst und der Kindergärtnerin Friederike Pürer geboren. Nach seiner Matura (1967 in Wien) begann er ein Jura-Studium an der Paris-Lodron-Universität Salzburg, wechselte aber bereits nach einem Semester ins Hauptfach Publizistik. Am Salzburger Institut für Publizistik und Kommunikationstheorie begann auch seine akademische Laufbahn. Zunächst arbeitete er als Hilfskraft für Günter Kieslich, der bis zu seinem plötzlichen Tod im Dezember 1971 Pürers Doktorvater werden sollte. Die Promotion erfolgte dann 1973 unter dem Medienpädagogen Franz Zöchbauer. Anschließend arbeitete er noch einige Jahre als Wissenschaftlicher Assistent bei Michael Schmolke an der Salzburger Universität, ehe er 1979 als Mitbegründer und erster Leiter an das österreichische „Kuratorium für Journalistenausbildung“ wechselte, an dem er bis zu seiner Berufung auf den zweiten Lehrstuhl des Instituts für Zeitungswissenschaft der LMU München (1986) tätig war. Außerdem habilitierte er sich während seiner Zeit am Kuratorium bei Michael Schmolke (1984) und war zeitgleich sowie darüber hinaus Lehrbeauftragter an verschiedenen Institutionen.

Für seine bedeutsame Arbeit im und mit dem „Kuratorium für Journalistenausbildung“ wurde Heinz Pürer das „Silberne Ehrenkreuz für Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen (1987). Darüber hinaus ist er Träger des „Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst“ (2005). An der LMU München war er bis zu seiner Emeritierung (2012) Mitglied des Fakultätsrats der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, von 1997 bis 1998 auch ihr Studiendekan.

Standardwerke, die Generationen von Studierenden geprägt haben

Heinz Pürer hat das Fach durch mehrere Standardwerke nachhaltig geprägt. Mit ihrer Hilfe haben unzählige Studierende im DACH-Raum seit den 1980er- und 90er-Jahren „Praktische[n] Journalismus in Zeitung, Radio und Fernsehen“, die „Presse in Deutschland“ oder die „Publizistik- und Kommunikationswissenschaft“ kennenlernen dürfen. Sein pädagogisches Vermögen, komplexe Zusammenhänge strukturiert, verständlich und unterhaltsam aufzubereiten, machten ihn zu einem Vorbild für seine akademischen Schüler:innen. Wer einmal zum „werten Auditorium“ seiner Vorlesung werden durfte, für den wurde Heinz Pürer schnell zum professoralen Ideal: gebildet, rhetorisch brilliant und nie um seinen charmanten österreichischen Schmäh verlegen.

Weggefährt:innen schätzten Heinz Pürer als großzügigen, zugewandten, aufmerksamen und scharfsinnigen Gesprächspartner und Vertrauten. Er war leidenschaftlicher Radfahrer, der seinen Sommerurlaub gerne in sportlicher Gemeinschaft mit Freunden und Kollegen verbrachte. Aber vor allem war er auch großer Feingeist, Organist, Pianist und Connaisseur klassischer Musik – gleichwohl Mozart nicht zu seinen Favoriten gehörte, trotz Lebensmittelpunkt in der Mozart-Stadt. Köstliche Mozart-Kugeln hingegen fanden seine Mitarbeitenden regelmäßig auf ihrem Schreibtisch, wenn der Chef nach dem Wochenende wieder in München aus der „Eisenbahn“ stieg.

Österreichische Gepflogenheiten zelebrierte Heinz Pürer mit Eleganz, Esprit und manchmal auch mit spitzbübischem Humor. In einem klassischen braunen Lederkoffer mit großen Schnallen sammelte er alle möglichen Zeitungs- und Zeitschriftenartikel für eine spätere Analyse. Er nannte diesen Koffer auch gerne seine „Rocky Horror Picture Show“. Es ist zutiefst bedauerlich, dass es aus dieser Feder kein Handbuch der Medienethik mehr geben wird, dem er sich mit Hilfe des Lederkoffers widmen wollte, wenn einmal die Zeit dafür bliebe.

Den höchsten Anspruch an sich selbst

Der Ruf, ein Generalist zu sein, war sicherlich keine leichte Bürde. Vielmehr eine teuer erkaufte Ehre, die unzählige Arbeitsstunden verschlang. Kaum jemand studierte Verlagsneuerscheinungen so gewissenhaft wie Heinz Pürer, kaum jemand hatte einen so hohen Anspruch an ihn wie er selbst, ob das seine Lehrvorbereitungen oder der aktuellste Forschungsüberblick war. Oft arbeitete er bis tief in die Abendstunden hinein, mit einer Energie, die man aufgrund seiner schlanken Statur kaum erahnt hätte.

In einem Interview anlässlich des 80. Jubiläums des Münchner Instituts hatte Heinz Pürer einmal gesagt: „Vielleicht würde mich freuen, wenn es einmal heißt: Er war ein guter Lehrer, hat das Fach umsichtig beobachtet und er hat passable Lehrbücher geschrieben.“ Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass sein Vermächtnis diesem Wunsch bei weitem entwachsen ist – aber so war Heinz Pürer: ein durch und durch bescheidener Mann.

Das IfKW und die Fachgemeinschaft trauern um eine große Persönlichkeit und sind in Gedanken bei Maria Pürer sowie allen Angehörigen und Freund:innen.

*Prof. Dr. Nina Springer, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster, war von 2007 bis 2018 am IfKW tätig. Sie hat ihre wissenschaftliche Laufbahn unter anderem an Heinz Pürers Lehrstuhl begonnen, der Zweitgutachter ihrer Promotion war.


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